Klein aber fein 3.0 - Das Miniaturenkettchen von Otto Petters

Nach der Vorstellung der Miniaturenkettchen v. Maaßen und v. Asmuth möchte ich Euch ein weiteres Anhaltinisches Kleinod en miniature vorstellen.

Ein Anhaltiner Verdienstorden für Wissenschaft und Kunst ist generell recht selten am Markt, eine Miniatur dazu umso rarer. Von daher musste das hier vorgestellte Objekt aus dem Berliner Antiquitätenhandel natürlich in Richtung Anhalt repatriiert werden. Der Träger war wohl ganz gut situiert, so dass er sich dieses nette Ensemble beim Premium-Ordensjuwelier Godet in Berlin fertigen ließ, das dazugehörige Etui ist ein zusätzliches „Schmankerl“.

Etui mit Kettchen: Miniaturenkettchen mit (v.r.n.l.) Baden, Ritterkreuz 1. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen, Anhalt Verdienstorden für Wissenschaft und Kunst 1. Modell, Kriegsdenkmünze 1870/71, Centenarmedaille, Baden, Landwehrdienstauszeichnung

Kettchen VS

Kettchen RS

Auch hier bietet sich eine Trägersuche an, das „Krause´sche Orakel“ kam allerdings zunächst nicht zur Anwendung; ich wollte den Versuch einer Trägerbestimmung einmal selbst wagen. Mit Rat und Quellenmaterial von Daniel versehen, ging es ans Werk.

Beginn und Ende des Kettchens nehmen Badische Dekorationen ein, Anhalt folgt erst auf Rang 2 und Preußen bildet die Mitte. Es lag daher sehr nahe, im Badischen sein Glück zu versuchen. In der Tat gingen reichlich Anhaltinische Ordenszeichen nach Baden, dies ist nicht verwunderlich, da die Herrscherhäuser miteinander verwandt waren. Prinz, später Herzog Friedrich II. von Anhalt heiratete 1889 Prinzessin Marie von Baden.

Die Liste des 1. Modells des Verdienstordens für Wissenschaft und Kunst ist mit nur knapp über 200 Verleihungen ganz gut überschaubar.

Dieser Verdienstorden wurde 1873 von Herzog Friedrich I (1871-1904) von Anhalt gestiftet und ersetzte die bis 1869 verliehenen Medaille für Kunst und Wissenschaft. 1875 wurde der Verdienstorden dem Hausorden Albrecht des Bären angegliedert und stand im Rang zwischen dem Ritterzeichen 2. Klasse und der Goldenen Verdienstmedaille.

1905 wurde die Gestaltung des Ordenszeichens komplett verändert und 1912 erfolgte eine Erweiterung auf 3 Klassen. Ausgezeichnet wurden Personen beiderlei Geschlechts in Anerkennung besonderer Verdienste in Wissenschaft und Kunst.

Die Anzahl der Beliehenen mit Baden-Bezug stellte sich als recht übersichtlich dar; wir finden in der Trägerliste den Kupferstecher Professor Wilhelm Krauskopf, den Musiker Max Kretschmar, die Universitätsbuchhändler Otto und Hugo Petters, den Professor Marc Rosenberg, den Privatgelehrten Dr. Walther Schulze und den Hoflieferanten S. Wolf.

Im Ausschlussverfahren ließ sich recht schnell diese 7 Namen umfassende Liste reduzieren. Schulze war mit „Baujahr 1870“ viel zu jung, Krauskopf und Rosenberg besaßen andere Auszeichnungen als am Kettchen befindlich, Kretschmar trug die goldene Verdienstmedaille des Hausordens Albrecht des Bären.

Es bleiben nur die beiden Petters und Wolf übrig.

HUGO Petters (1843-1931) ist in Lit. 2 mit Verleihungsjahr 1896 als Universitätsbuchhändler in Heidelberg als Träger des Verdienstordens für Wissenschaft und Kunst verzeichnet, diese Verleihung findet sich allerdings nicht in den Anhaltinischen Staatsanzeigern und Staatshandbüchern von 1902, 1907 und 1912. Auch in den badischen Quellen ist diese Verleihung nicht verifizierbar. Die an HUGO erfolgte Verleihung des Ritterkreuzes 2. Klasse des Badischen Ordens vom Zähringer Löwen nennt ihn allerdings auch nicht als Bucchändler in Heidelberg, sondern als Kaufmann in Hildburghausen. Auch die in div. Publikationen nachlesbaren Details zur Petters´schen Buchhandlung nennen stets nur OTTO, nicht HUGO. Von daher können wir davon ausgehen, dass HUGO eine Fehllistung Scharfenbergs war.

Hoflieferant S. Wolf, Kaufmann in Baden-Baden, ist im Ordensalmanach 1904 einzig mit dem Anhaltiner Verdienstorden gelistet, im 1907er Anhaltinischen Staatshandbuch ist er bereits nicht mehr verzeichnet, ergo bereits verstorben. In den Badischen Quellen ist zwischen 1904 und 1907 keine Verleihung eines Zähringer Löwen an einen Hoflieferanten Wolf in Baden-Baden nachweisbar.

Einer bleibt übrig; der Universitätsbuchhändler Otto Petters; für ihn lassen sich in der Tat bis auf eine Kleinigkeit ALLE am Kettchen befindlichen Dekorationen nachweisen. Sein Eintrag im Deutschen Ordensalmanach 1908/09 zeigt denn auch die üblichen Dekorationen für seine Teilnahme am Feldzug 1870/71 und seine im beruflichen Leben erfolgten Dekorationen.

Der Eintrag Otto Petters im Ordensalmanach 1908/09

Otto Petters ist am 25.04.1850 in Dessau geboren, nahm offensichtlich am Feldzug 1870/71 gegen Frankreich teil und zog früh ins Badische. 1879 übernahm er die Buchhandlung „Bangel und Schmidt“ in Heidelberg die er gemäß seinem Nachruf in der „Heidelberger Zeitung“ „... zu hoher Blüte brachte.“ Weiter heißt es: „Bei dem Universitätsjubiläum im Jahre 1886 verlegte Petters verschiedene wertvolle Festschriften, darunter auch die Festchronik. Petters bekleidete eine Anzahl Ehrenämter, so gehörte er lange Jahre dem Bürgerausschusse an und war 25 Jahre hindurch 2. Vorsitzender des Kaufmännischen Vereins.“

Am 15.04.1916 ist er in Heidelberg verstorben.

Engagierte Anteilnahme am gesellschaftlichen Leben ging natürlich an den Protagonisten nicht „auszeichnungslos“ vorüber. Für seine verlegerische Tätigkeit verlieh der Herzog von Anhalt seinem Landeskind Otto Petters am 11.12.1895 den Verdienstorden für Wissenschaft und Kunst. Seinen aktuellen Landesherrn, den Großherzog von Baden bat Petters pflichtgemäß um Genehmigung der Annahme, die ihm am 14.02.1896 auch erteilt wurde.

Annahmegenehmigung aus dem Badischen Staatsanzeiger für den Verdienstorden für Kunst und Wissenschaft

Der badische Großherzog ehrte Petters am 11.02.1889 mit dem Ritterkreuz 2. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen und am 25.04.1902 folgte das Ritterkreuz 1. Klasse desselben Ordens. Hier bat Petters wiederum als Anhaltiner Landeskind seinen Herzog um Annahmegenehmigung, die ihm lt. Anhaltiner Staatsanzeiger am 09.05.1889 respektive am 31.03.1903 für beide badischen Dekorationen erteilt wurde.

Ein Fragezeichen bleibt – irgendwas ist ja immer – im Ordensalmanach steht eine PREUSSISCHE Landwehrdienstauszeichnung eingetragen, am Kettchen hängt allerdings eine BADISCHE. Welche der beiden Petters denn nun tatsächlich hatte, geben die Quellen im Moment nicht her. Eventuell liegt hier eine der nicht seltenen Fehllistungen im Almanach vor oder Petters hat sich eigenmächtig und lokalpatriotisch eher mit der badischen als mit der preußischen geschmückt.

Otto Petters (Bildmitte mit dem Klingelbeutel) bei der Buchhändler- Kantatefeier in Leipzig (Quelle: Wikimedia commons)

Ich bedanke mich ganz herzlich bei Heiko Neumann für die tatkräftige Hilfe bei der Recherche zu diesem Artikel.

Literatur:

Ludwig Arndt / Gerd Scharfenberg; Die Träger des anhaltinischen Verdienst-Ordens für Wissenschaft und Kunst, Dessau 1994

Ludwig Arndt / Gerd Scharfenberg; Verdient um Anhalt – Verleihungen des Herzoglich Anhaltischen Verdienstordens für Wissenschaft und Kunst an Persönlichkeiten außerhalb Anhalts, Dessau 1998

Deutscher Ordens-Almanach: dt. Ordensliste; Handbuch d. Ordensritter u. Ordensdamen deutscher Staatsangehörigkeit; Band 1 und 3, 1904/05 und 1908/09

Staatshandbücher und Staatsanzeiger Anhalts, Preußens und Badens, div. Jg.

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Klein aber fein 2.0 - Ludwig Paul August v. Asmuth